Halle, Sonntag, 13. Oktober 2019
Sandra sah überrascht auf die Uhr, als es am Sonntagabend abends kurz nach acht Uhr an ihrer Tür klingelte. Stirnrunzelnd stand sie auf. ‚Hoffentlich ist das nicht wieder Björn Hamsun,‘ dachte sie. Schon ein paar Monate nachdem Björn für Sandra mit seiner Firma die Ruinen in Köllme hatte wegräumen lassen, fühlte er sich berechtigt, Sandra Huber sporadisch und unangemeldet zu besuchen. Anfangs gelang es der Frau, ihren Widerwillen gegen Sex mit Björn Hamsun zu überwinden. Am heutigen Tag war ihr bereits die Nähe des Mann unangenehm, jede Berührung ekelte sie an. Verstärkt wurde diese Abneigung außerdem, weil Sandra sich inzwischen zu einem anderen Mann hingezogen fühlte. Die radikale, rechte politische Haltung Björn Hamsuns, die immer deutlicher werdende brutale, faschistische Züge trug, tat ihr übriges. Inzwischen hatte er sich wohl endgültig den Neonazis angeschlossen. Vielleicht wurde der Mann deshalb immer gewalttätiger im Umgang mit ihr, was sogar beim Sex deutlich zu spüren war. Das alles strapazierte ihre Nerven, aber sie wusste nicht, wie sie den Kerl loswerden könnte.
„Hallo Björn,“ am liebsten hätte sie die Tür gleich wieder geschlossen, aber da stand der mittelgroße, breitschultrige Mann mit kurzen, dunkelblonden Haaren, eine große Flasche Sekt in den Händen, bereits in ihrer Wohnung und strahlte Sandra an, so dass sie zögerte, ihm sofort eine Abfuhr zu erteilen.
„Sieht aus, wie Schlumberger Brut,“ sagte Sandra stattdessen, ging langsam ihrem Besucher hinterher, der den Weg in ihr Wohnzimmer kannte. ‚Vielleicht will er ja heute keinen Sex,‘ dachte sie hoffnungsvoll, wohlwissend, dass Björn sie noch nie besucht hatte, ohne seinen Samenüberschuss bei ihr abzuladen.
„Eine kleine Flasche hätte es doch auch getan.“ Sandra sah dem Mann in die Augen, doch der schien diese Worte nicht als Kritik zu verstehen. Im Gegenteil, er holte zwei Gläser aus dem Schrank und ehe sich die Frau besonnen hatte, zischte schon der Korken quer durch ihr Wohnzimmer. Der Sekt perlte in die Gläser. Resignierend ließ sie sich aufs Sofa fallen.
Hamsun reichte ihr ein Glas, nahm das andere, „Prost Sandra, auf weitere gute Zusammenarbeit.“
„Zusammenarbeit?“ wiederholte Sandra zweifelnd.
„Na ja, als Nachbarn auf dem Betriebsgelände OPA im ValuePark und – beim Sex.“ Björn sah ihr grinsend in die Augen.
„Auf Sex habe ich heute keine Lust,“ sagte sie trocken, ohne besondere Betonung.
Der Mann studierte forschend ihre Mimik, bevor er etwas gepresst raunte, was wohl geheimnisvoll klingen sollte, „ich steh unter Druck wie die Pulle Schampus, Sandra.“
„Ich will heute nicht bumsen, Björn.“
„Warum?… ah, du hast…“
„Meine Tage? Nein!“ Sie erwiderte Hamsuns Blick ernst, „aber ich habe heute einfach keine Lust auf Vögeln.“
„Schade,“ seufzte der Mann, „dabei siehst du richtig scharf aus,“ Björn griff sich mit der linken Hand zwischen die Beine, schob demonstrativ das erigierende Geschlechtsteil unter seiner Hose zurecht. „Mensch Sandra,“ stöhnte er theatralisch, „mir platzt gleich der Reißverschluss.“
„Halt die Schnauze Hamsun,“ die Huber sprang auf, „ich will überhaupt nicht mehr mit dir ficken, verstehst du?“ Sandra erschrak selbst ein wenig über ihren spontanen Ausbruch. Sie ließ sich in den Sessel zurückfallen.
„Wie bitte? Der Sex zwischen uns hat dir doch auch immer Spaß gemacht, warum gerade …“
„Ich will nicht mehr Björn,“ sagte sie wieder ruhiger, „kannst du das nicht einfach akzeptieren?“ Sandra sah den Mann strafend an.
„Du meinst das tatsächlich ernst?“ Hamsun warf nur einen kurzen Blick auf die Frau, „heute will ich aber nochmal, heute muss ich nochmal, verstehst du?“ Er stand auf, stellte sich nah vor Sandra hin, drückte seine Hand so auf seinen Hosenbund, dass sich darunter der steife Penis deutlich abbildete.
„Dann musst du eben heute wixen, das macht ihr Männer doch sowie alle oft genug … und gerne, soviel ich weiß, stimmts?“ Die Frau grinste.
„Heute muss ich aber ficken! Unbedingt! Ich war schon so drauf eingestellt.“ Hamsun schwieg. Er sah die Frau gierig an. „Ich habe für dich schnell und ohne lamentieren die Drecksarbeit erledigt. Du erinnerst dich? Die Ruinen?“
Sandra versuchte die erneut aufsteigende Wut zu unterdrücken. Es gelang ihr nur mit Mühe. Sie starrte den Mann mit abweisendem Blick an.
„Ich,“ betonte Hamsun, „erinnere mich sehr gut.“ Er sah abwartend zur Frau, aber die schwieg weiter, mit, wie es Björn vorkam, verkniffenem Gesicht.
„Nur, um ehrlich zu dir zu sein, Sandra, ich habe ein paar kleine Knochen auf die Seite, in Sicherheit gebracht … zur Sicherheit für mich, sozusagen.“ Er machte erneut eine theatralische Pause. „Hab sie ein bisschen später analysieren lassen. – ich weiß also …“
‚So ein Mistkerl,‘ dachte Sandra erbost. „Willst du mich erpressen, Hamsun?“ Die Huber funkelte den Mann mit blitzenden Augen an, dennoch signalisierte ihr Instinkt, dass der Kerl hier und heute zu allem fähig war.
„Wieso erpressen?“ Björn grinste. Es sollte harmlos aussehen, aber die Kraft, die der Mann dazu aufwenden musste, verzerrte seine Gesichtszüge. „Ich will dich doch nur poppen, Sandra. Komm schon.“ Hamsun ergriff Sandra an den Schultern, drückte sie vorsichtig nach hinten, spürte, dass sie nach anfänglichem heftigem Widerstreben langsam nachgab. Beim Griff des Mannes mit der linken Hand zwischen ihre Beine zwickte sie irgendetwas in beide Schenkel. Der Schmerz tilgte den letzten Rest von Widerstand in ihr. Sie ließ sich den Slip ausziehen, sah den Mann seinen Hosenstall öffnen und erlaubte ihm widerstandslos in sie einzudringen. Während Hamsun, trotz ihrer Teilnahmslosigkeit, wie von Sinnen auf ihr herumritt, rätselte sie, was sie wohl vorhin in den Schenkel gekniffen haben könnte. Als der Kerl mit beiden Händen an ihren Busen griff, wusste sie, was den Schmerz ausgelöst hatte, es war das goldschimmernde Metallarmband, das im Schein der Lampe aufblitzte. Allerdings spürte sie nach kurzer Zeit nichts mehr von diesem Teil. Allein das beruhigte sie ein wenig. Warum das so war, sollte sie erst später entdecken.