Rezension zum 2018 erschienenen Roman von Max Balladu
‚Ein Mensch 08-15? – Die Biografie eines Ingeniörs‘
Kritik: Die einen sagen so…
Das Leben eines gewöhnlichen Menschen in Deutschland vom Alter Null bis fast Fünfundsiebzig wird in kleinen Geschichten erzählt. Es umfasst eine Zeit von 1943 bis 2018, d. h. 2. Weltkrieg, Spaltung Deutschlands in BRD und DDR, Wiedervereinigung. Thomas Prost verschlagen die Nachkriegsumstände vom ‚Kuhländchen‘ (Tschechien) nach Ostdeutschland und damit von 1949-1990 in die DDR. Die Monate der politischen Wende nimmt er nicht nur bewusst wahr, sondern engagiert sich mit kleinen Beiträgen auf der untersten Ebene an den umwälzenden Veränderungen im Land. Danach nimmt ihn wieder die Arbeit in der Chemieanlage, nun unter kapitalistischen Voraussetzungen, voll in Anspruch.
Auch in diesem Buch bleibt Balladu sich treu, obwohl Prost, als eine seiner Hauptpersonen in den bekannten Romanen, stirbt, läßt er dessen, von ihm selbst auf Band gesprochenen Lebenslauf, in den Gesprächen seiner ehemaligen Kollegen analysieren. Das gibt ihm die Möglichkeit, die persönliche Betrachtung von Prost mehr oder weniger kritisch zu hinterfragen. Ich halte das für gut, zeigt es doch, dass der Autor weiß, wie schwer es ist, sich selbst einzuschätzen, zu charakterisieren und das man aus lebensnotwendig vorhandenem, gesunden Egoismus, sich selbst immer besser sehen möchte, als man tatsächlich ist. Egoismus dient ja in gewissem Grade dem Schutz des eigenen Ichs.
Dass alles in Form von kleinen Geschichten erzählt wird, ist nicht jedermanns Sache, während es wiederum anderen hilft, das relativ dicke Buch, leichter und vielleicht sogar mit Vergnügen zu lesen.
Die explizite Erwähnung der Chronik des Lebens von Thomas Prost ist wohl eine kleiner Hinweis, dass sie den roten Faden darstellen soll und die Geschichten doch mehr oder weniger fiktiven Charakter tragen können. Das um so mehr, je weiter sie vom eigenen Leben des Erzählers entfernt sind. Aber darauf hat der Autor auch ausdrücklich hingewiesen.
Bewertung:
- Inhalt, Story (Faktor 1): Das Leben eines Menschen von Null bis fast Fünfundsiebzig in kleinen Geschichten erzählt und etwas widergespiegelt durch Äußerungen ihm bekannter Menschen nach seinem Tod.
Bewertung: 5
- Der Sachverhalt (Faktor 1) umfasst das Leben eines Menschen von 1943 bis 2018, d. h. 2. Weltkrieg, Spaltung Deutschlands, DDR und BRD, Wiedervereinigung.
Bewertung: 4
- Der Stil (Faktor 1) ist flüssig, für manche, Biografien liebende zu belletristisch, für die anderen fast nie langweilig, was aus meiner Sicht durch die, in kleine Szenen verpackten Geschichten, möglich wurde.
Bewertung: 4
- Recherchen (Faktor 0,5) führen zu Fakten, insbesondere was die DDR anbetrifft, die überzeugen, auch wenn sie Widerspruch bei einigen Lesern hervorrufen werden.
Bewertung: 3
- Die Handlungsorte (Faktor 0,5) sind ausreichend beschrieben, obwohl Biografie Liebhaber sich gerade diesen Part wohl etwas ausführlicher gewünscht hätten.
Bewertung: 3
- Kritische Aspekte zur existierenden Realität, zur Politik, zum Leben der Menschen und Hinweise zum Bessermachen (Faktor 1): Das Verhalten des sich präsentierenden Menschen lässt problemlos auf seinen Standpunkt zur existierender Realität und Politik schließen. Es ist es ein Vorteil dieses Buchs, dass der Autor keine Lebensweisheiten von sich gibt und wenn überhaupt, dann sind es Thesen, die eben nur die individuelle Auffassung eines einzelnen Menschen darstellen und die jeder so interpretieren kann, wie es ihm gefällt.
Bewertung: 5